Ein Bericht von Nico Porges
Der Regen prasselt unaufhörlich auf die Windschutzscheibe, und das Wischblatt kommt lustvoll quietschend seiner Kernaufgabe nach. Wie so oft im deutschen Sommer 2021. Wir sind auf dem Weg nach Bergen-Enkheim zu einem HTV on Tour-Termin beim dort ansässigen TC Bergen-Enkheim. Carsten Hensel hat uns in seinen Club eingeladen. Er ist laut der nahezu allwissenden nuLiga 2. Vorsitzender, Sportwart und Internetbeauftragter. Doch eben nur nahezu. Denn er ist, wie wir später feststellen, noch vieles mehr.
Mit Carsten hatten wir bereits vor einigen Wochen den ersten Kontakt. In der Folge hatten wir uns im Rahmen einer Videokonferenz etwas näher kennengelernt und schon viel über den TC Bergen-Enkheim erfahren. Nun folgt der nächste Schritt unserer Vereinsberatung – der Termin vor Ort.
Carsten begrüßt uns freundlich im Schutz des Clubhausvordachs mit Blick auf die Seenplatte, unter der sich laut seiner Aussage – denn man kann es nur erahnen – Tennisplätze befinden sollen. Dass das rote Geläuf anlässlich des Starkregens in den Tagen zuvor überhaupt noch einigermaßen bespielbar ist, hat der Verein Carstens Einsatz zu verdanken. Ein komplettes Wochenende hat er auf der Anlage mit der Wiederherstellung der Plätze verbracht. Wir ahnen bereits, wir haben es wieder einmal mit einem Verein zu tun, der sich auf das Engagement einiger weniger verlässt.
Dann beginnt er, voller Stolz zu erzählen. Und stolz kann er auch sein. Denn seine Bestandsaufnahme des Vereins klingt wie eine einzige Erfolgsgeschichte:
Der Club verfügt über eine schicke Anlage mit 9 Plätzen inmitten des ruhigen Frankfurter Ortsteils Bergen-Enkheim, hat sich vor zwei Jahren eine sensationelle 3-Feld-Halle auf die grüne Wiese gestellt, freut sich über eine bei Mitgliedern und Gästen gleichermaßen beliebte Gastronomie, arbeitet mit einem qualifizierten und engagierten Trainerteam zusammen, lässt über 30 Mannschaften in der Medenrunde auf die Gegner los (davon allein 10 auf Verbandsebene) und kann sich vor neuen Mitgliedern kaum retten. Allein im letzten Jahr traten über 100 Tennisspieler in der Verein ein - ohne dass irgendwelche Maßnahmen zur Mitgliederakquise unternommen wurden.
Nachdem wir uns die eindrucksvolle Anlage und hierbei insbesondere das Schmuckstück von Halle ausgiebig haben erklären lassen, testen wir nun auch noch das gemütliche Restaurant Himmel & Erde und stellen Fragen. Im Gespräch mit Carsten und Kerstin von Tenspolde von der erfolgreichen Tennisschule 101% Tennis, die uns nun ebenfalls Gesellschaft leistet, erfahren wir mehr über die Hintergründe des Clubs und fühlen uns in unseren Ahnungen schnell bestätigt. Es ist wie so oft in den Vereinen: Zu wenig Menschen für zu viel Arbeit.
Dieses Problem hat der Club natürlich nicht exklusiv, doch stellt sich die Situation in Bergen-Enkheim aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre noch dramatischer dar als anderswo. Es ist schier unglaublich: Im Jahr 2009 lag die Mitgliederzahl nur knapp über 250 Personen. Heute kratzt der Tennisclub an der 700er-Marke. Eine Zahl für die viele Funktionäre unanständige Dinge tun würden.
Doch hat der Erfolg auch seinen Preis, denn der Aufwand den Club am Laufen zu halten, wird immer herausfordernder. Der Betrieb der neuen Halle, die Organisation des Mannschaftssports und des Trainings, die immer komplexeren Aufgaben bei den Finanzen, die angestrebte Erweiterung der Anlage angesichts begrenzter Platzkapazitäten – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Das Problem: Die Aufgaben sind stetig gewachsen, das kleine Team der Engagierten hingegen ist es nicht. Kaum zu glauben: Der Verein leistet sich sogar den Luxus, auf den Posten eines Hallenwarts zu verzichten. Denn auch dafür gibt es ja Carsten.
Erschwerend kam hinzu: Eine Neuorganisation der Vorstandsaufgaben stand bereits in den Startlöchern, doch sorgte die Corona-Krise dafür, dass die Umsetzung bis heute auf sich warten lässt. Entscheidend wird sein, ob es gelingt diese ambitionierten Pläne künftig umzusetzen. Sie sehen vor, die diversen Tätigkeiten der Vorstände bis ins kleinste Detail zu definieren und Mitglieder oder kleinere Projektgruppen zu finden, die bereit sind, einige von diesen zu übernehmen. Je mehr Personen sich fänden, umso mehr könnte sich der geschäftsführende Vorstand um die Zukunftssicherung des Vereins kümmern, anstatt sich kräftezehrend an der Administration abzuarbeiten.
Wir wünschen Kerstin und Carsten und dem gesamten Verein, dass die Mitglieder einerseits erkennen, in was für einem tollen Verein sie spielen dürfen und andererseits wie fragil selbst so ein erfolgreicher Club ist, wenn nicht mehr Menschen Verantwortung übernehmen. Oder aber wenn man nicht so gut loslassen kann. Denn auch das gehört zu der Geschichte, lieber Carsten.😉
Unser Fazit: Es wäre unglaublich schade, wenn die Erfolgsgeschichte dieses Vorzeigevereins auf absehbare Zeit ein Ende fände und drücken heftigst die Daumen. Wir hoffen, dass auf der Jahreshauptversammlung im September die Weichen für eine erfolgreiche (und für den Vorstand gesündere) Zukunft gestellt werden und werden die Entwicklung weiter beobachten und begleiten.
Nähere Informationen zu den Angeboten des TC Bergen-Enkheim findet Ihr hier: https://www.tc-bergen-enkheim.de/
Ihr traut Euch und wollt Euch ebenfalls mit uns treffen? Selbst schuld. Wir kommen nämlich wirklich. Meldet Euch einfach bei:
Wir freuen uns auf Euch!
15.07.2021